Wenn der Krampus klopfte: Ein gruseliger Brauch, der mir Gänsehaut verursachte

historische Krampuszeichnung

Der Krampus, wie wir ihn in Österreich kennen, ist die dämonische Gestalt, die als furchterregender Begleiter des Heiligen Nikolaus durch die Gassen zieht. Er ist eine gehörnte, mit Schellen oder Kuhglocken behangene Gestalt. Eingehüllt in Ziegenfell, das Gesicht versteckt hinter einer furchteinflößenden Fratze/Maske, oft begleitet von Kettenlärm und Russ.

Und obwohl er uns das Fürchten lehren sollte, war seine Ankunft für uns Kinder vor allem eins: aufregend. Wie ihr seht, ist die Vorweihnachtszeit im Alpenraum nicht nur für Glühwein und Kekse da. Nein, es geht auch wild her! Denn dort, wo er sein Unwesen treibt, wird’s laut, schaurig und manchmal auch ziemlich rußig.

Was dich erwartet:

Krampuskarte mit KI erstellt - ein historischer Krampus mit Rute in der Hand, der einen Jungen hält. Der Schriftzug lautet: Grüße vom Krampus! Wen da Krampus kummt mit Rutn und Kettn, dann fang lieber gleich an zu beten.

Ein Familienbrauch mit Herzklopfen

Bei uns zu Hause war der 5. und 6. Dezember immer etwas ganz Besonderes – der Krampustag! Schon Tage davor wurden mein Bruder und ich ermahnt: Seid brav, sonst werdet ihr vom Krampus getadelt – oder gar mitgenommen! Auch wenn wir ahnten, dass Vater und Opa hinter den Masken steckten, klopfte unser Herz, wenn es an der Tür läutete und das Unwesen begann.

Wenn mein Vater in die Rolle des Nikolaus schlüpfte, wurde es feierlich. Der Ablauf war immer sehr ähnlich, und ich habe ihn für euch zusammengefasst:

1) Der Heilige Nikolaus betritt den Raum:

👹Mein Vater trat ein und begann mit tiefer Stimme die ersten Sätze von Theodor Storms „Knecht Ruprecht“ aufzusagen.

Wer sie nicht kennt 😉- hier ist der Text:

„Von draußen vom Walde komm ich her; ich muß euch sagen es weihnachtet sehr!

Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein sitzen;

und droben aus dem Himmelstor sah mit großen Augen das Christkind hervor.“

Diese Sätze waren ausreichend, damit wir den Ernst der Lage erkannten. 

2) Die alles entscheidende Frage:

Mein Vater (hl. Nikolaus) fragte uns mit tiefer, ernster Stimme: „Warst ihr denn brav dieses Jahr?“ Und wir sagten natürlich: „JA!“ Was sonst 😉.

3) Der Nikolaus prüft unsere Aussagen:

Der Nikolo (in Wien sagen wir Nikolo) nahm ein Buch und meinte, dass er in seinem Buch alles vermerkt hat. Und er las daraus vor, lobte gute Taten und knurrte bei Ereignissen, als ich nicht so brav war.

4) Der gruselige Gefährte tritt in Erscheinung:

Das war der Moment, wo mein Opa Mein Opa – krampusähnlich verkleidet, mit rasselnden Ketten, brüllend und mit Hufen auf den Boden stampfend erschien. Er schlug (symbolisch) mit der Rute, verbreitete Grusel und schauriges Staunen. Ich sage es euch, das hatte schon was! 

5) Wir versuchen zu besänftigen:

Besänftigt wurden die beiden durch artig aufgesagte Sprücherl. Die wir davor im Kindergarten oder in der Schule gelernt hatten. 

Damit war der gruselige Teil schon vorüber, als mein Opa verschwand. 

Und wir wurden vom Nikolo beschenkt – mit einem Nikolosackerl. Für uns braven Kinder gab es Mandarinen, Nüsse, vielleicht auch ein kleines Geschenk. 

Es war auch üblich, einen typischen Zwetschkenkrampus zu bekommen. 

So friedfertig war es früher nicht!

Meine Oma und meine Mutter erzählten mir oft, dass es früher viel rauer zuging: Damals klingelten verkleidete Burschen an den Haustüren und teilten mit der Rute Schläge aus. Wehe dem, der sich nach Einbruch der Dunkelheit noch auf die Straße wagte!

Wann kommt der Krampus – und wann der Nikolaus?

Der Kramperl erscheint traditionell zur Krampusnacht am 5. Dezember.

Der Nikolaus folgt tags darauf am 6. Dezember.

Doch in vielen Familien, so auch bei uns, traten sie gemeinsam auf – das Gute und das Böse in einer Szene vereint. Der eine lobte, der andere tadelte.

Krampusse mit Nikolo im Schnee

Was ist ein Krampus eigentlich?

Er ist eine Schreckgestalt aus dem vorchristlichen, alpenländischen Brauchtum.  Der Name stammt vom mittelhochdeutschen Krampen, was Kralle bedeutet. Kein Wunder – die Gestalt ähnelt eher einem Dämon als einem Menschen. Er bestraft die Ungezogenen, warnt, mahnt.

Er trägt eine kunstvoll geschnitzte Maske, gehörnt, bemalt, mit Ziegenfell und wilden Bärten versehen. Seine Gewänder sind zottelig, seine Bewegungen theatralisch. Begleitet wird er von Glocken, Schellen und dem dumpfen Stampfen seiner Hufen. Ein echtes Schauspiel – jedes Jahr aufs Neue. 

Ich muss ehrlich sagen, in Wien, bei meiner Familie, gab es keine kunstvoll geschmückte Maske, sondern eine aus Plastik. Der Wirkung tat das aber keinen Abbruch. 

Ist der Krampus der Teufel?

Das werde ich immer mal wieder gefragt. Er schaut ihm ja wirklich ähnlich. 

Die ursprüngliche Gestalt wurde früher oft mit Flügeln, Ketten und Feuer dargestellt und erinnert an den gefallenen Engel Luzifer, der in der Hölle angekettet wurde.

Aber ich habe keine belegbaren Aussagen dazu gefunden. 

Was passiert, wenn der Krampus dich mitnimmt?

Es existiert die Erzählung, dass er schlimme Kinder büßen lässt. Sowohl Schläge mit der Rute als auch das Schreckgespenst, dass er schlimme Kinder in seine Butte steckt, geisterte durch meine Kindheit. Natürlich wurde nie jemand wirklich mitgenommen – aber die Geschichte war eindrucksvoll genug, um unsere Fantasie anzukurbeln.

Bei uns war es eher so, dass wir von der dämonischen Gestalt erschreckt und zur Besserung aufgefordert wurden.

Was mir auch einmal erzählt wurde, war, dass er unartige Kinder frisst. 

Aber keine Angst, das tut er mittlerweile auch nicht mehr 😉.

Ein Zwetschken-Krampus aus Zwetschgen, Feigen und Rosinen

Was hat es mit den Kohlen im Sackerl auf sich?

Neben Nüssen, Mandarinen und Schokolade fanden sich in den Sackerln früher manchmal auch ein oder zwei Stücke Kohle. Für uns Kinder damals ein eindeutiges Signal: Du warst nicht ganz so brav! Die Kohle galt als mahnende Geste – keine wirkliche Strafe, sondern eine subtile Erinnerung daran, dass man sich im kommenden Jahr vielleicht ein bisschen mehr Mühe geben sollte.

Im Gegensatz zur Rute war die Kohle eine stille, aber wirkungsvolle Botschaft. Sie war kein Schreckmittel, sondern ein kleiner Stachel fürs Gewissen – verpackt zwischen Süßem und Gesundem. Und obwohl wir sie meist ignorierten oder schnell beiseitelegten, hat sie sich dennoch eingeprägt.

Heute findet man die Kohle selten in den Sackerln – wenn überhaupt, dann als witzige Miniaturnachbildung aus Zucker. Doch die Botschaft bleibt: Auch kleine Taten bleiben nicht unbemerkt.

Ist er nun gut oder böse?

Er ist beides. Er ist eine Mahnfigur, eine Erinnerung daran, dass Gutes belohnt und ungezogenes Verhalten bestraft wird. In unserem Familienbrauch war er streng, aber nie grausam. Und auch wenn ich heute über seine wilden Auftritte lache, spüre ich noch immer ein kleines Kribbeln, wenn ich am 5. Dezember zur Tür gehe. 

Man kann es auch anders sehen. Für meine Eltern war er gut, da wir ein paar Tage lang sehr brav waren. Für uns war er böse, denn man konnte ja nicht wissen, was passieren wird.

Der Ursprung der teuflischen Schreckgestalt

Die Ursprünge reichen weit zurück – in vorchristliche, heidnische Zeiten. Die Krampen (auch tuifl genannt) zogen durch die Dörfer, um böse Geister zu vertreiben. Diese Rituale waren tief verbunden mit dem Rhythmus der Natur und dem ewigen Kampf zwischen Licht und Dunkel. Sie existieren noch immer in der Figur der Percht.  Mit der Christianisierung wurde der Krampus zum Begleiter des heiligen Nikolaus – der Einkehrbrauch entstand: Tadeln, Ermahnen, Beschenken.

Perchte vor einer hellen Feuerwand

Krampus oder Perchten - was ist der Unterschied?

Im Gegensatz zum Krampus, der am 5. Dezember erscheint, zeigen sich die Perchten in den Rauhnächten. Besonders die Schiachperchten erinnern optisch stark an den Krampus, was zur heutigen Vermischung führte. Dennoch: Der Krampus ähnelt den Perchten zwar, doch seine Rolle ist spezifisch mit dem Nikolausfest verbunden.

Man kann aber immer wieder Ankündigungen von einem Krampusumzug oder einem Krampuslauf lesen. Streng genommen sind damit furchteinflößende Perchtenläufe gemeint. Die absolut sehenswert sind. Sie stammen (wie schon beschrieben) aus vorchristlicher Zeit und treiben die bösen Geister aus. Perchten sind ähnlich wie der Krampus Schreckgestalten mit gruseligen, hochwertigen Masken (gefertigt von speziellen Holzschnitzern), Kostümen aus Ziegenfellen und heutzutage entsprechen diese Umzüge richtigen Spektakel, wo mit Feuer, gruseliger Musik und viel Wildheit gearbeitet wird. Für mich ist es immer wieder eine echte Mutprobe sie in der ersten Reihe zu betrachten. 

Aber es gibt auch Gegenden im alpenländischen Raum wo der Nikolaus von mehreren Krampussen begleitet wird. 

Wie ihr seht, sind es zwei Brauchtümer, die sich immer mehr vermischen und mit unterschiedlichen Ausprägungen in unserem Kulturkreis vorhanden sind. 

Perchte mit rotem Gesicht und zotteligen Fall vor dunklem Hintergrund - im Hintergrund sieht man Feuer

Krampusmasken: Kunstvolle Fratzen mit Geschichte

Ohne Maske kein Krampus. Die kunstvoll geschnitzten Masken – oft aus Zirbe, schwer, gehörnt und bemalt – verleihen ihm sein teuflisches Antlitz. Jede Maske ein Unikat. Und obwohl heute auch leichtere Materialien und LED-Augen zum Einsatz kommen, bleibt das Kunsthandwerk der Maskenschnitzer ein wichtiger Bestandteil dieser Kultur.

Aber auch hier verschmilzt das Brauchtum. Egal, ob es jetzt eine Krampus- oder eine Perchtenmaske ist. Beide sind wahre Kunstwerke.

Knecht Ruprecht und der Heilige Nikolaus

Wer aus dem Norden kommt, kennt vielleicht Knecht Ruprecht – den strengen menschlichen Begleiter des Nikolaus. Auch er tadelt, bringt den Sack, ist finster und wortkarg. Doch er bleibt Mensch.

Der Krampus hingegen ist eine dämonische Schreckgestalt, ein archetypisches Symbol des Schreckens – und für uns im Süden untrennbar mit dem Nikolausabend verbunden.

Kurz gesagt:

Nikolaus = Der gütige Heilige (überall gleich), der Kinder beschenkt

Knecht Ruprecht = Der strenge Begleiter im Norden

Krampus = Der wilde, dämonische Schreckgeselle , mit zottelfell Maske, Glocke, Ketten und einer Butte am Rücken. 

Krampus und ängstliches Kind

Persönliche Gedanken zum Krampus – und warum er bleiben sollte

Man hört es immer wieder: Der Krampus sei zu gruselig, zu brutal, zu altmodisch – und sollte vielleicht ganz aus dem Brauchtum verschwinden. Ganz ehrlich? Ich finde das schade.

Ich war als Kind sicher nicht die Tapferste. Ich habe gezittert, mich manchmal hinter meiner Mutter versteckt und fand das Rasseln der Ketten unheimlich.

Aber: Ich hätte mir eine Vorweihnachtszeit ohne den Krampus nicht vorstellen können. Er gehörte dazu wie der Adventkranz, der Duft von Keksen oder das erste Türchen im Kalender.

Für mich war der Krampus nie nur ein Schreckgespenst – sondern eine Figur mit Charakter. Er war wild, unangepasst, unberechenbar. Und ja, das war aufregend. Der Nikolo war mir im Vergleich fast ein bisschen zu brav, zu langweilig. Der Krampus dagegen hatte Ecken und Kanten. Vielleicht war es genau das, was mich so faszinierte: Dass in einer ansonsten so stillen und heiligen Zeit plötzlich eine dämonische Gestalt auftauchte, die uns aufrüttelte – natürlich mit Maß und Ziel.

Ich finde: Der Krampus ist ein wichtiger Teil unserer Adventzeit. Er bringt Spannung in eine Zeit, die sonst oft nur weichgezeichnet wird. Und er erinnert – auch uns Erwachsene – daran, dass jede Medaille zwei Seiten hat. Gut und Böse, Licht und Dunkel – das gehört zusammen. Gerade das macht diesen Brauch für mich so wertvoll.

Picture of Marion Fuchs

Marion Fuchs

Marion Fuchs - mein Credo - Wir haben in Österreich und Europa so viele kreative Köpfe und Menschen, die mit Leidenschaft und Herzblut Neues erschaffen oder Altes erhalten. Diese kreativen Köpfe sollen auf Pollids gefeiert werden!

Diesen Artikel Teilen